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Energietag 2023

Die Umsetzung der Energiewende und die Einleitung von Klimaschutz-Maßnahmen sind die großen Aufgaben – das ist beim Energietag der Ingenieurkammer Niedersachsen am 7. Juni 2023 deutlich geworden.

Weit mehr als 150 Gäste widmeten sich im Hannover Congress Centrum dem Thema „Energie- und Ressourceneffizienz beim Bauen“ und der Frage, welche Maßnahmen im Gebäudebereich zur Umsetzung der Energiewende und für mehr Klimaschutz geeignet sind. Dass es dabei um die drängenden Herausforderungen der aktuellen Zeit geht, beschrieb Präsident Martin Betzler, gleich in seiner Begrüßung: „Wir brauchen nur die Nachrichten im Fernsehen oder im Radio einzuschalten – schon geht es häufig um hohe Energiepreise, die angestrebte Energiewende hin zu mehr Erneuerbaren Energien und die geplanten Änderungen am Gebäudeenergiegesetz.“

Wie geht es mit dem Umbau unseres Gebäudebestands weiter?

Rechtsanwalt Michael Halstenberg ging der Frage nach, wie es mit dem Umbau des Gebäudebestands weitergehen sollte. Er sprach sich für eine sinnvolle und realistische Herangehensweise aus. Wichtig sei, dass die Lösungen ehrlich, verständlich und überzeugend seien. „Wenn das nicht erfüllt ist, machen die Leute nicht mit“, konstatierte Halstenberg. Ein Problem sei, dass in der allgemeinen Diskussion über Klimaschutz-Maßnahmen auch Greenwashing betrieben werde, das nicht zu ernsthaften Veränderungen führt. Halstenberg stellte dar, dass eine Umbauordnung dringend erforderlich ist. Für ihn liegen die Probleme in den Einzelheiten wie der Tatsache, dass zum Beispiel die KfW-Förderungen von vielen Standards abhängig sind, was die Finanzierung erschwert. Weitere Probleme sind unter anderem die enorme Komplexität bei den regulatorischen Vorgaben oder die geringe Zeit, die noch zur Verfügung steht, um Klimaveränderungen zu bewirken.

Genau wie der Präsident der Ingenieurkammer Niedersachsen führte auch Michael Halstenberg aus, dass ein großes Potenzial für die Einsparung von Energie im Gebäudebestand zu finden ist. „Hier sind wirklich Reduzierungen realistisch zu erreichen“, sagte der Rechtsanwalt. Es spare viele Treibhausgase ein, wenn zum Beispiel bei der Sanierung eines Hauses Keller, Dachstuhl und Wände erhalten würden. Bei einem dreistöckigen Wohnhaus würden etwa allein 18 Prozent der CO2-Emissionen auf die tragenden Innenwände und 16 Prozent auf die Dachkonstruktion und die tragenden Außenwände entfallen. Ein großes Hindernis beschrieb Halstenberg aber in Bezug auf viele Vorschriften und Standards. So gebe es bei der Modernisierung hohe Ansprüche an mehr Schall- und Brandschutz.

Die konkreten Anforderungen seien zum Teil aber nicht zu erreichen. „Wenn wir bereit wären, unsere Ansprüche, was das angeht, zurückzufahren“, so Halstenberg, dann könnten viele Ressourcen gespart werden. Es käme auf mehr Flexibilität an. „Jeder der das Gebäude anfasst, macht es doch eigentlich besser.“ Und das sei auch dann der Fall, wenn nicht alle festgelegten Standards eingehalten würden.

Anwendungsbezogene Versorgungskonzepte zur Umsetzung der Energiewende im Gebäudebereich

Prof. Dr.-Ing. Lars Kühl ging auf anwendungsbezogene Versorgungskonzepte im Gebäudebereich ein. Kühl leitet an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel das Institut für energieoptimierte Systeme. Er stellte dar, dass im Bereich Strom bereits viele Treibhausgas-Emissionen durch Erneuerbare Energien vermieden werden konnten. Im Jahr 2021 waren das 166,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
„Beim Thema Wärme sieht es noch nicht so gut aus“, sagte Kühl. Viele Deutsche heizten immer noch mit Gas- und Öl-Heizungen. Die erwartbare Entwicklung bis 2050, die der Wissenschaftler vorstellte, zeigte aber einen deutlichen Rückgang der Wärmeerzeuger, die mit fossilen Energieträgern befeuert werden.

Im Gegenzug werden andere Heiztechniken zunehmen. „Wärmepumpen werden eine Rolle spielen“, erklärte Kühl. „Und Fernwärme ist ein Ansatz, der sinnvoll ist.“ Bei der Energieversorgung könne man verschiedene Wege gehen und auch Dinge miteinander kombinieren. Wichtig sei auch immer, sich den Standort eines Gebäudes anzusehen und zu analysieren, welche Möglichkeiten dort gegeben sind.

Anschließend stellte der Energieexperte konkrete Beispiele für Versorgungskonzepte aus der Praxis vor. Darunter waren ein Supermarkt, bei dem die Abwärme aus der Kältebereitstellung im Markt für die Wärmeversorgung genutzt wird, sowie die Fertigungshalle eines Autoherstellers, bei dem die Abwärme von Schweißrobotern in das Erdreich geführt wird, um sie von dort mit Wärmepumpen zum Heizen zu nutzbar zu machen. Kühl zog das Fazit, dass es keine Universallösung gäbe. Aber es gebe viele Möglichkeiten für individuelle, erfolgsversprechende Versorgungskonzepte.

 

Die 1. Änderungsnovelle zum Gebäudeenergiegesetz 2023 und aktuelle Entwicklungen zur Neubauförderung „Klimafreundlicher Neubau (KFN)“

Dipl.-Ing. Stefan Horschler stellte abschließend über die erste Änderungsnovelle zum Gebäudeenergiegesetz, die im Januar 2023 in Kraft getreten war. Er ging insbesondere auf die aktuellen Gesetzesinhalte ein, die zum Januar 2024 ein zweites Mal geändert werden sollen. Hier zeigte er auf, dass laut dem Gesetzestext der Zweck des Gesetzes „ein möglichst sparsamer Einsatz von Energie in Gebäuden“ sein soll.

Doch eingetreten ist nach Horschler kein solcher Effekt. „Es hat sich beim Energieverbrauch exakt so viel geändert“, sagte der Diplom-Ingenieur und formte mit den Fingern eine Null. Durch die Änderungsnovelle habe es einige Regelungen gegeben, die mehr als fraglich sind. So erklärte er, dass bei den Bauteilanforderungen die Vermeidung von Wärmebrücken eingehalten werden solle. Dabei sei bekannt, dass man Wärmebrücken nur reduzieren, aber nicht vermeiden kann. Stefan Horschler ging ebenso auf die Entwicklungen im Bereich Neubauförderung ein. Auch hier zeigte sich, dass es viele kleinteilige Vorgaben gibt.

„Das eigentliche Problem haben wir irgendwie aus den Augen verloren“, konstatierte Horschler. Insgesamt zog er das Fazit, dass sich durch die gültige erste Änderungsnovelle des GEG im Wohnungsbau bei der Verwendung von Wärmepumpen, festen Biomasse-Wärmeerzeugern und in Bezug auf Fernwärme nichts ändern wird.

Die Teilnehmenden zeigten sich sehr interessiert an den einzelnen Themen des Energietages. Die Veranstaltung ist eine feste Größe in den Aktivitäten der Ingenieurkammer Niedersachsen. „Für den Austausch innerhalb des Berufsstandes der Ingenieure und die Entwicklung von neuen Ideen sind Veranstaltungen wie der Energietag für uns besonders wichtig“, betonte Präsident Martin Betzler.
 

Fotos: © Ingenieurkammer Niedersachsen


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