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Energietag 2021: Kräfte zur CO2-Reduktion bündeln

Welche neuen Chancen bietet die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)? Mit welchen Prozessen können Kraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen gewonnen werden? Und wie kann ein Regulierungsrahmen für erneuerbare Kraft- und Brennstoffe geschaffen werden? Diese und weitere Fragen standen beim 7. Energietag der Ingenieurkammer Niedersachsen am 16. Juni 2021 im Fokus.

Die Premiere: Das Forum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch rund um die Energiewende fand in diesem Jahr zum ersten Mal als Online-Veranstaltung statt. Gut 100 Teilnehmende verfolgten gespannt die Liveübertragung am Bildschirm.

Prof. Dr.-Ing. Rainer Schwerdhelm von der Jade Hochschule Oldenburg, Lehrbereich Mobilität und Steuerung von Verkehrsströmen sowie Vorstandsmitglied der Ingenieurkammer Niedersachsen, moderierte mit analytischem Blick und Charme durch den Nachmittag. Mit ihm im Studio waren auch Jens Leuckel, Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer Niedersachsen und Dr.-Ing. Wolfgang Cichon, Vorsitzender des Expertenkreises für Energiefragen, die im Anschluss an die Vorträge einzelne Aspekte hervorhoben und mit den Referenten diskutierten. Bettina Berthier, Öffentlichkeitsarbeit der Ingenieurkammer Niedersachsen, unterstrich den partizipativen Charakter der Veranstaltung, indem sie die Fragen des Publikums in die Diskussion einbrachte.

Moderation

Prof. Dr.-Ing. Rainer Schwerdhelm
Vorstandsmitglied der Ingenieurkammer Niedersachsen
Lehrbereich Mobilität und Steuerung von Verkehrsströmen
Jade Hochschule Oldenburg

Präsident Hans-Ullrich Kammeyer betonte in seiner Eröffnung per Liveschaltung, dass sich mit den Herausforderungen zur Einhaltung der Klimaschutzziele das Bewusstsein in der Gesellschaft in den letzten Jahren nachhaltig verändert hat und damit die Erwartungshaltung an die Politik gestiegen ist. Das unterstreicht zuletzt die Verfassungsrechtsprechung vom 24. März, die im Hinblick einer Generationengerechtigkeit konsequentes Handeln einfordert, wie er anmerkte. Vor dem Hintergrund zunehmender Hitzesommer und Starkregenereignissen stehen wir vor komplexen Herausforderungen, vor allem im Bereich Mobilität, die einen Großteil des Energieverbrauchs ausmachen. Im Rahmen der Energiewende gelte es jetzt, neue Wege zu finden und vorhandene zu prüfen – hierbei nehmen Ingenieurinnen und Ingenieure eine zentrale Rolle ein. Der Präsident verwies in diesem Zusammenhang auf die besondere Verantwortung der Ingenieurinnen und Ingenieure als Freiberufler gegenüber der Gesellschaft. 

Eröffnung

Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer
Präsident der Ingenieurkammer Niedersachsen

Auch Staatssekretär Frank Doods vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz sprach in seinem Grußwort von einer veränderten Perspektive auf Energiethemen und ihrer Komplexität. Aktuell stehe insbesondere die Frage im Fokus: Welche Energie setzen wir ein und wie kann Energie effizient eingespart werden? Dazu seien andere Energiequellen als bisher zu erschließen und dies in großen Mengen. Auch er stellte die Generationengerechtigkeit in den Mittelpunkt und unterstrich den notwendigen weiteren Ausbau erneuerbarer Energien zur CO2-Reduktion. Hierbei sei nicht nur die Entwicklung von alternativen Techniken essenziell, sondern auch die Gewinnung von Akzeptanz in der Gesellschaft.

Grußwort

Staatssekretär Frank Doods
Niedersächsisches Ministerium
für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz

Die vier hochkarätigen Referenten des Energietags erörterten ihre spannenden Themen ebenfalls per Liveschaltung. Dipl.-Ing. Architekt Jan Karwatzki vom Öko-Zentrum NRW GmbH in Hamm stellte die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) in den Fokus. Er fasste die wichtigsten Neuerungen der BEG kompakt zusammen und beleuchtete die Unterschiede zu den bisherigen Förderprogrammen. Ihm zufolge stellt die neue BEG den »Game Changer« bei der Wirtschaftlichkeit im energieeffizienten Bauen und Sanieren dar. Mit der Förderung werde es unwirtschaftlich, einen Neubau lediglich im gesetzlichen Mindeststandard zu errichten. Die BEG biete verbesserte Fördermöglichkeiten, die bei der Planung von Bauvorhaben und in der Energieberatung berücksichtigt werden sollten. Der Experte gab dem Publikum zudem einen Überblick über die technischen Anforderungen und die Zuschussquoten für die Förderung von Sanierungen mit Einzelmaßnahmen sowie für Neubau und Sanierung von Effizienzhäusern und Effizienzgebäuden.

Die neue Bundesförderung
für effiziente Gebäude (BEG)

Dipl.-Ing. Architekt Jan Karwatzki
Öko-Zentrum NRW GmbH, Hamm

Prof. Dr.-Ing. Jörg Sauer, Leiter des Instituts für Katalyseforschung und - technologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eröffnete den Themenkomplex Mobilität, CO2-Reduktion und alternative Kraftstoffe. Dass es nicht mehr nur Zehn-vor-Zwölf ist, machte er eingangs an einer CO2-Statistik bis 2040 eindringlich deutlich. Im letzten Jahr sei eine Reduzierung von 7,6 Prozent CO2-Emissionen nur durch Corona erreicht worden, wie er betonte. Im Verkehr seien mit E-Mobilität, E- Fuels, Power-to-X und Wasserstoff bereits hohe Anstrengungen unternommen worden, um die Bilanz zu verbessern. Auch diese erfordern zusätzlich Energie bei der Bereitstellung, ergänzte er und leitete damit hin zu seinem Vortrag Kraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen. Hier zeigte er den aktuellen Forschungsstand und die unterschiedlichen Verfahren auf, mit denen biogene Rohstoffe wie Stroh, tierische Fette oder Altspeiseöl zu Energieträgern und Chemikalien verarbeitet werden können. Für eine klimaneutrale Mobilität gewinnen die sogenannten fortschrittlichen Biokraftstoffe an Bedeutung und werden zukünftig stark zunehmen. Dabei werden Produkte angestrebt, die mit den bestehenden Kraftstoff-Normen weitgehend kompatibel sind und deren Verbrennungseigenschaften möglichst besser als konventionelle Kraftstoffe sind. Angesichts der überschaubaren Rohstoffmengen in Deutschland bestehe weiterhin der Bedarf, Energieträger aus Ländern mit hohem Potential an erneuerbarer Energie zu importieren. Dies allein reiche jedoch nicht. Ferner sei die Politik gefordert, in die Offensive zu gehen: Was Forschungen umsetzen, müsse zwingendermaßen mit Rahmenbedingungen flankiert werden. Prof. Sauer mahnte die Politik an, schnellstmöglich einen tragfähigen regulatorischen Rahmen und Fördermöglichkeiten zu schaffen, um Investitionen zu ermöglichen. Zudem bestehe entlang der Wertschöpfungskette weiterhin ein Bedarf an Forschung, Demonstration und Implementierung.

Kraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen:
Rohstoffe, Prozesse, Anwendungen

Prof. Dr.-Ing. Jörg Sauer
Leiter des Instituts für Katalyseforschung und -technologie
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Ihm schloss sich Prof. Dr.-Ing. Roland Dittmeyer, Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an. Er referierte zu synthetischen Kraftstoffen aus CO2 und erneuerbarem Strom. Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, seien Technologien zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen aus ubiquitären Stoffen wie Kohlendioxid, Wasser und Stickstoff sowie erneuerbarer elektrischer Energie unverzichtbar. Einsatzgebiete stellen insbesondere die Luftfahrt, der Schwerlastverkehr und die chemische Industrie dar. Der Referent skizzierte den Stand der Forschung und die Entwicklung auf diesem Gebiet und illustrierte sie mit Beispielen aus eigenen Projekten. Wie sein Vorredner appellierte Prof. Dittmeyer dringend an die Politik, die Markteinführung so hergestellter Kraftstoffe durch geeignete Rahmenbedingungen zu unterstützen. Es sei essenziell, entsprechende Anreize zu setzen, damit privates Kapital schnell mobilisiert werde. Außerdem müsse die Politik sicherstellen, dass die Lasten für den Umbau des Energiesystems fair verteilt werden. Mobilität dürfe nicht zum Luxusgut werden.

Synthetische Kraftstoffe aus CO2
und erneuerbarem Strom

Prof. Dr.-Ing. Roland Dittmeyer
Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik 
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands e. V., Prof. Dr.-Ing. Christian Küchen, setzte sich mit dem Schaffen eines Regulierungsrahmens für erneuerbare Kraft- und Brennstoffe auseinander. Bei der Etablierung bestehe vor allem die Herausforderung, die nachhaltigen Produkte auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen und eine höhere Zahlungsbereitschaft in der Gesellschaft aufzubauen. Er skizzierte verschiedene Regulierungsoptionen für die Markteinführung erneuerbarer Kraftstoffe. Zu den temporär unterstützenden Maßnahmen zähle die direkte Förderung neuer Technologien durch Markteinführungsprogramme, eine Anrechenbarkeit von erneuerbaren Kraftstoffen in andere Regulierungen wie beispielsweise bei der LKW-Maut und die »Treibhaugas-Minderungs-Quote«. Durch das kürzlich verabschiedete »Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgas-Minderungs-Quote« hat der Gesetzgeber die Mineralölkonzerne verpflichtet, bis 2030 Kraftstoffe zu vertreiben, die bei der Verbrennung zu 25 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen führen. Die Politik stehe weiterhin in der Verantwortung, durch das Schaffen von Rechtssicherheit den Weg für Investitionen zu ebnen. Als langfristige Maßnahme nannte Prof. Küchen die CO2-Bepreisung, die jedoch kaum Einfluss auf den Marktzugang von alternativen Kraftstoffen habe. Stattdessen schlug der Referent eine sektorübergreifende Umwandlung der heutigen Energiesteuer auf Kraftstoffe in eine an den fossilen CO2-Emissionen orientierte Steuer vor.

Schaffen eines Regulierungsrahmens
für erneuerbare Kraft- und Brennstoffe

Prof. Dr.-Ing. Christian Küchen
Hauptgeschäftsführer
Mineralölwirtschaftsverband e. V. Berlin

Fotos: © audio coop Veranstaltungstechnik e.K.

Das digitale Publikum stellte über den Live-Chat zahlreiche Fragen und beteiligte sich an der mitunter kontroversen Diskussion im Anschluss an die Vorträge. Im Ergebnis waren sich Referenten und Teilnehmende einig, dass die alternativen Verfahren zur CO2-Reduktion und zur Herstellung von E-Fuels in den Fokus gerückt werden müssen, um die Pariser Ziele zu erreichen. Ein verstärkter Appell gehe an die Politik, damit die alternativen Herstellungsverfahren marktfähig etabliert werden können.

Unser Online-Energietag erfuhr eine ausgesprochen positive Resonanz: Alle Teilnehmenden gaben in der abschließenden Feedbackbefragung an, eine digitale Veranstaltung der Ingenieurkammer Niedersachsen erneut besuchen zu wollen. Wir danken Ihnen und allen Mitwirkenden für die Teilnahme. Sie haben unseren Energietag zu einer erfolgreichen und spannenden Veranstaltung gemacht.

Ansprechpartner/in

Bettina Berthier M.A.
Sachgebietsleiterin
0511 39789-23
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