Verbot europäischer Ingenieurleistungen: Die Europäische Union hat das mittlerweile 8. Sanktionspaket als Reaktion auf die Teilmobilisierung der russischen Armee und die völkerrechtswidrigen Annexion von Teilen der vier ukrainischen Oblaste Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja erlassen.
Die entsprechende Verordnung (EU) 2022/1904 des Rates trat am 07.10.2022 in Kraft und gilt verbindlich und unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten.
Für Ingenieurinnen und Ingenieure ist dabei die Neufassung des Artikels 5n der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 von besonderer Relevanz. Dessen Absatz 2 lautet nun wie folgt:
"(2) Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar Dienstleistungen in den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen, Rechtsberatung und IT-Beratung zu erbringen für
- die Regierung Russlands oder
- in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen."
Allerdings begegnet dies - vor allem betreffend die rechtliche Beratung - aus Sicht der Bundesrechtsanwaltskammer trotz vorhandener Ausnahmeregelungen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die damit einhergehende nicht unerhebliche Einschränkung der Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz.
Die Ausnahmen betreffen zum Beispiel
- unbedingt erforderliche Dienstleistungen zwecks Beendigung von vor dem 07.10.2022 geschlossenern Verträgen, die mit Artikel 5n nicht vereinbar sind, sowie von für die Erfüllung dieser Verträge erforderlichen akzessorischen Verträgen bis zum 08.01.2023 (Absatz 4);
- den Fall, dass sich die juristische Person, Organisation oder Einrichtung im Eigentum oder unter der Kontrolle wiederum einer juristischen Person, organisation oder Einrichtung, die dem Recht eines Mitgliedsstaats, eines dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörenden Landes, der Schweiz oder eines in Anhang VIII aufgeführten Partnerlandes unterliegt, befindet (vgl. Absatz 7);
- für Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, zur Abwehr von dringlichen Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt und für die Bewältigung von Naturkatastrophen, jeweils im Rahmen des Erforderlichen (vgl. Absatz 8)
- humanitäre, demokratie-, menschenrechts- und rechtsstaatlichkeitsfördernde Zwecke nach Festellung der Erforderlichkeit durch die zuständige Behörde (vgl. Absatz 10).
Die Änderungen des Artikel 5n im Wortlaut können im Amtsblatt der Europäischen Union L 259 I vom 06.10.2022 auf den Seiten 11 und 12 nachgelesen werden, hier als .pdf-Datei zum direkten Aufruf: EU-Amtsblatt L 259 I