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1. BIM-Tag 2018

Die Beteiligung am 1. BIM-Tag der Ingenieurkammer am Dienstag, 24. April 2018 im Hannover Congress Centrum war überragend: Über 140 Teilnehmer zeigten, dass das Interesse an BIM in den Ingenieurbüros angekommen ist. Sie wollten sich darüber informieren, welche Auswirkungen und Chancen die Digitalisierung und BIM als Planungsmethode künftig haben werden. Erste Antworten darauf gab Präsident Hans-Ullrich Kammeyer in seiner Begrüßung und Eröffnung. Er bezeichnete BIM als zukunftsfähige Planungsmethode und forderte die Ingenieurbüros somit dazu auf, sich aktiv mit BIM und den anstehenden Veränderungen auseinanderzusetzen. Digitale Lösungen führten zu mehr Miteinander und ermöglichten Planern die gemeinsame Umsetzung von Projekten und somit Prozessoptimierungen. Um die Digitalisierung positiv und gewinnbringend umzusetzen, seien Zusammenarbeit und Agieren in vielen Bereichen erforderlich. Dabei auch eingehend auf die berufspolitischen Forderungen, die Veränderungen durch BIM mittelstandsfreundlich zu gestalten, betonte er ferner, bei der Digitalisierung der Planung den bewährten Grundsatz der Aufgabenteilung zwischen unabhängiger Planung und Bauausführung zu erhalten, den Austausch und Zugang über die gesamte Wertschöpfungskette sicherzustellen sowie auch BIM bereits in den Ausbildungen als essentiellen Bestandteil zu vermitteln.

Einführend in die Thematik Was ist BIM? – Der BIM-Prozess und Best Practice Beispiele aus dem Hochbau zeigte Hon.-Prof. Dipl.-Ing. Hans-Georg Oltmanns, wie sich komplexe Strukturen vernetzen und wie die ganzheitliche Digitalisierung dazu führen kann, die Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten zu verbessern, weil Informationen zugänglich und Prozesse im Zweifelsfall vor einer Bauausführung beeinflusst oder korrigiert und ergänzt werden können.
Mit Dr. rer. nat. Ilka May, LocLab Consulting GmbH, Darmstadt, referierte dann eine anerkannte Expertin zu den Prozessen der Digitalisierung im Bauwesen, die an Digitalisierungsprojekten unterschiedlicher Größenordnungen mitwirkte und auch die Reformkommission Großprojekte in Deutschland wissenschaftlich begleitete. Ebenso war sie im Expertenteam von planen – bauen 4.0 bei der Entwicklung des Stufenplans Digitales Planen und Bauen im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) tätig und auch in der Beratung der EU BIM Task Group als eine der Hauptautoren des Handbuchs zur Einführung von BIM im öffentlichen Sektor aktiv.

Für die Teilnehmenden zeigte sie in ihrem Vortrag Was sind AIA, BAP und CDE? Best Practice Beispiel Ingenieurbau auf, was BIM bezeichnet und was in einer kooperativen Arbeitsmethodik, wie BIM sie darstellt, auf Grundlage digitaler Modelle an Informationen und Daten konsistent zu erfassen, verwalten und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten auszutauschen und bereitzustellen ist. Umfassend stellte sie die Werkzeuge vor und erklärte, was sich hinter den Abkürzungen verbirgt und ging dabei auch auf mögliche Fehlerquellen bei der Erstellung ein. Schwerpunktfelder bilden die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA), der BIM Abwicklungsplan (BAP), das Common Data Environment (CDE) und das Level of Development (LOD) bzw. Virtuelle Design Reviews (VDR). Hier werden projekt-spezifische Anforderungen hinsichtlich Daten und Informationen gesammelt, Rollen und Verantwortlichkeiten, also die Planungs- und Datenverantwortung, wie auch Aktivitäten, Vorgaben und Anwendungsfällen rund um die Lieferung von Projekten festgelegt. Besondere Anforderungen sieht sie in sich ändernden Arbeitsprozessen und Denkweisen. Vorteile für die Wertschöpfungskette Planen, Bauen und Betreiben liegen dabei ganz deutlich in der einheitlichen Datenumgebung, erläuterte Dr. May. Der fachgewerkübergreifende Austausch durch modellbasierte Informationen trage dazu bei, Lösungen zur Lieferung eines Projekts gemeinsam zu erarbeiten und zu dokumentieren, teilte sie ihre Erfahrungen. Bei der Besprechung am Koordinationsmodell, also dem Modell, in das alle einzelnen Gewerke zusammenreferenziert sind, wie sie betonte, können Planungen durch Visualisierung auf ihre Funktionalität hin verifiziert und dann auch Entscheidungen getroffen und Risiken eingeschätzt und reduziert werden. Genau hier trage BIM dazu bei, die Qualität der Planung zu verbessern und ein effizientes Management auch während der Bauphase und der Nutzung des Bauwerks zu ermöglichen.
Wie die BIM-Methode funktioniert konnten die Teilnehmenden in der BIM Live-Demonstration erleben, zu der Hon.-Prof. Oltmanns zwei Anwender in den Saal zuschaltete. Beide zeigten praxisgerechte Einblicke in verschiedene Anwendungen und digitale Methoden und Techniken von BIM und erläuterten die Vorteile, die sich daraus für alle Projektbeteiligten, Tragwerksplaner, Architekten und Gebäudetechniker, ergaben, weil Informationen über den Planungs- und Baufortschritt – und damit Transparenz auch für den Auftraggeber –  jederzeit zur Verfügung standen.

Gunther Wölfle, Geschäftsführer von buildingSMART Deutschland, stellte das Kompetenznetzwerk für Building Information Modeling buildingSMART Deutschland – International – Regional vor und ging auf die Entwicklungen der Digitalisierung im Bauwesen ein. Building Information Modeling (BIM) als Arbeitsmethode für das Planen, Erstellen und Betreiben von Bauwerken basiert auf der aktiven Vernetzung aller Beteiligten über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Dies geschieht mittlerweile weltweit. 26 Länder engagieren sich darum für die Entwicklung offener BIM-Standards und die Definition erforderlicher Konventionen, um Prozesse und Schnittstellen, aber auch Anforderungen an den Datenaustausch und die Verständigung, unterschiedliche Begriffe in unterschiedlichen Sprachen miteinander zu verbinden. „Open BIM” und eine hohe Qualität bei BIM-Standards und Lösungen führen zu Transparenz und Vertrauen, um zur Verbreitung der BIM-Anwendung zu gelangen. Im Fokus stehen die Anwender und ihre Arbeitsprozesse. Building SMART engagiert sich daher um verbindliche und vergleichbare Weiterbildungsstandards und einen Qualifikationsrahmen, in dem es auch darum gehe, Ausbildungsinhalte für Open BIM zu standardisieren und Qualitätskriterien für Ausbildungsstätten zu definieren. buildingSMART Deutschland kann dabei auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen und war in den vergangenen Jahren an zentralen Gutachten und Projekten zur Digitalisierung der Baubranche und der Festschreibung von Rahmenbedingungen beteiligt, u. a. an der Erstellung eines BIM-Leitfadens für Deutschland, an der Reformkommission Großprojekte des ehemaligen BMVBS, als Gründungsgesellschafter der planen-bauen 4.0 GmbH und am BIMiD – BIM-Referenzobjekt in Deutschland.

Wie nah die Forschung an diesen aktuellen und zukunftsweisenden Themen in Hannover vor der Tür liegt, offenbarte Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert. Sie leitet das Institut für Baumanagement und Digitales Bauen an der Leibniz Universität Hannover seit April 2016 und stellte das X LAB vor, in dem digitale Prozesse in einem Raum bereits simuliert und in dreidimensionalen Modellen visualisiert werden. Prof. Klemt-Albert verbindet mit BIM eine neue Art der Kommunikation und Kollaboration, die, interaktiv wie interdisziplinär, Bauprozesse verändert und Arbeiten effizienter ausführt. Das X LAB erlaubt eine praxisnahe Forschung an aktuellen und zukunftsweisenden Themen zum Nutzen für die Ausbildung des Ingenieurnachwuchses, die Validierung von Prozessmodellen und auch für Industriekooperationen um Prozesse durchzuspielen. Um BIM in die Fläche und an konkrete Projekte zu bringen, sieht sie hohen Bedarf an funktions- und rollenübergreifender Information und Erfahrungsaustausch zwischen allen Beteiligten, Planern, Unternehmen und Behörden, auch unter Einbezug der politischen Ebene mit Vertretern der Landesregierung und aus Verbänden.

Rege verlief anschließend die Podiumsdiskussion, in der sich die Referenten den vielen Fragen und Anregungen zu Aufwendungen und Leistungen, zu BIM-spezifischen Besonderheiten bei Ausschreibung und Vergabe, zu Gesetzen hinsichtlich Haftung, Datenschutz und Datensicherheit und auch zu Kosten, Normen und Richtlinien und BIM-relevanten Vertragssystemen stellten.

Weitere Informationen

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Themen Digitales und Mobilität:

Reformkommission Großprojekte 
Stufenplan Digitales Planen und Bauen 
EU BIM Task Group