Kontakt

Ingenieurkammer Niedersachsen

Körperschaft des öffentlichen Rechts

Hohenzollernstr. 52
30161 Hannover

Telefon 0511 39789-0

Fax 0511 39789-34

kammer(at)ingenieurkammer.de

Aktuelle Meldungen

Neue Auftragswertberechnung bei Planungsleistungen

© Robert Kneschke | AdobeStock

© Robert Kneschke | AdobeStock

Nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt gelten seit dem 24.08.2023 die Änderungen gemäß der Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen. Enthalten ist die bereits angekündigte Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 Vergabeverordnung (VgV), der bisher die Auftragswertberechnung von Planungsleistungen geregelt hat. Wurde hiernach nur der Wert für Lose gleichartiger Leistungen zusammengerechnet, müssen künftig bei öffentlichen Vergabeverfahren nun grundsätzlich alle ausgeschriebenen Planungsleistungen addiert werden. Folglich wird der maßgebliche Schwellenwert von 215.000€, ab dem eine europaweite Ausschreibung notwendig ist, schneller und somit häufiger erreicht werden. Dies bedeutet sowohl für die Auftraggeberseite als auch für die Planenden, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in Deutschland das Gros der Ingenieurbüros ausmachen, einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand - wir berichteten in den Ingenieurnachrichten über die Bemühungen der Ingenieurkammern, die Streichung zu verhindern.

Hintergrund der Streichung ist ein noch laufendes Vertragsverletzungsverfahren von 2019: die EU-Kommission sah nämlich in § 3 Abs. 7 VgV einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 8 der Vergaberichtlinie (RL 2014/24/EU).

Die Bundesregierung wurde vor diesem Hintergrund vom Bundesrat in einer Entschließung dazu aufgefordert zu prüfen, wie bei kleineren Bauprojekten die Vergabe der Planungsleistungen ohne europaweite Ausschreibung dennoch europarechtskonform erfolgen kann. Die entsprechend geforderten klarstellenden Erläuterungen zur rechtssicheren Begrenzung der Auswirkungen der Streichung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) am 23.08.2023 veröffentlicht. Sie können im Volltext unter folgendem Link abgerufen werden: Klarstellende Erläuterungen zur Auftragswertberechnung.

Danach ist zuallererst und unabhängig von einer etwäigen (späteren) Losbildung durch „funktionale Betrachtung“ zu bestimmen, inwieweit ein einheitlicher (Gesamt)auftrag vorliegt. Dies ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Fall, wenn dessen "Teilleistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen".

Betont wird, dass die Richtlinie nicht bezweckt, eine gemeinsame oder getrennte Vergabe für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorzuschreiben; die ausschreibende Stelle kann weiterhin sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von Aufträgen für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorsehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen.

Im HInblick auf die Prüfung der Europarechtskonformität der jeweiligen Vergabe enthalten die Erläuterungen leider keine Hilfestellung für die Praxis.

Die BIngK wirkt in Gesprächen mit dem zuständigen BMWK auf die Ergänzung der Erläuterungen hin. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite der BIngK unter: Vergabeverordnung: Streichung § 3 Abs. 7 Satz 2 ab 24. August rechtskräftig – Bundesingenieurkammer (bingk.de).

Die Verordnung im Volltext finden sie hier: Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts